
Naturraum Vogelsberg
Seine Lage und naturräumliche Gliederung
Der Vogelsberg gehört mit Teilen der Rhön, dem Knüll und den sie verbindenden Naturräumen zum Osthessischen Bergland, das wiederum einen in sich geschlossenen, herausgehobenen Teil des Hessischen Bruchschollen-Tafeflandes bildet. Begrenzt wird er im Westen durch Lahntal und Giessener Becken, im Norden durch die Oberhessische Schwelle (Marburger Bergland etc.), im Osten durch Fliede- und Fuldatal. Im Südosten und Süden besteht über den sogenannten Hessischen Landrücken eine Verbindung zu Spessart und Rhön. Im Südwesten öffnen sich die Täler zur Wetterau.

Üblicherweise wird der Vogelsberg in drei naturräumliche Einheiten gegliedert:
- In der Mitte der zentral gelegene Hohe Vogelsberg (im Norden und Osten durch die 500 m-Höhenlinie, im Westen und Süden durch die 400 m-Höhenlinie begrenzt) mit dem zentralen, fast völlig bewaldeten Hochplateau (Oberwald) oberhalb von 600 m, aus dem die höchsten Erhebungen Taufstein (773 m), Hoherodskopf (764 m), Sieben Ahorn (753 m) und Herchenhainer Höhe (733 m) herausragen.
- Rund um den Hohen Vogelsberg schließt sich der Untere Vogelsberg als 5-20 km breiter Ring an, der meist dem Rand der Basaltflächen folgt, aber auch den Buntsandstein des Gieseler Forstes und die Muschelkalkhänge im Kinzig- und Steinaubachtal mit einbezieht.
- Im Westen schließt sich dem Unteren Vogelsberg noch der Vordere Vogelsberg an, der die Basaltdecken östlich von Gießen miteinschließt.

Inmitten der gemäßigten Klimazone liegt der Vogelsberg im Übergangsbereich zwischen atlantischem und kontinentalem Klimaeinfluss, was sich gegenüber dem westlicher gelegenen, mehr atlantisch geprägten Sauerland in einer Erhöhung der Juli-Durchschnittstemperatur um 0,6°C und gleichzeitiger Absenkung des Januar-Durchschnitts um 1,0°C ausdrückt.
Die Niederschlagsverhältnisse werden durch die vorherrschenden westlichen bis südlichen Winde geprägt. Durch die Stauwirkung des Gebirges steigen die Niederschläge von der Wetterau (Bad Nauheim) in östliche Richtung über Schotten bis zum Oberwald hin ständig an, wo es im langjährigen Durchschnitt über 1200 mm sind, in extremen Jahren aber auch 1800 mm sein können. Der östliche, im Lee liegende Gebirgsanteil hat dagegen deutlich geringere Werte (z.B. Fulda).
Unterschiede gibt es auch in der Niederschlagsverteilung während eines Jahres. Während der Hohe Vogelsberg ein Maximum im Winter und Nebenmaxima im Juli/August aufweist, erhalten die Randgebiete die meisten Niederschläge im Sommer (Juni-August) mit einem Minimum im Frühjahr.
Gegenüber den umliegenden Landschaften zeichnet sich der Vogelsberg durch große winterliche Schneemengen aus (Winterregengebiet!). So fallen im Oberwald 34 % aller Niederschläge als Schnee und eine geschlossene Schneedecke existiert durchschnittlich 78 Tage lang (in der Wetterau sind es 10 % bzw. 16 Tage).

Entwicklungsgeschichtlich lässt sich die Vegetation des Vogelsberges bis in die Eiszeit zurückverfolgen. PoIlenuntersuchungen am Hochmoor “Breungeshainer Heide“ erbrachten folgende Ergebnisse:
Auf die eiszeitliche Tundra folgten postglaziale subarktische Kiefern-Birken-Wälder, die später auf Grund allgemeiner Erwärmung und Erhöhung der Niederschlagsmengen durch Eichenmischwälder ersetzt wurden. Während der Bronzezeit wanderte die Rotbuche in das Gebiet ein und stellt seither die dominante Baumart der natürlichen Vegetation des Laubmischwaldes dar.
Knapp (1958) gibt für den Vogelsberg vier natürliche Wuchszonen an:
1. Obere Bergbuchenzone (650 m und darüber)
2. Untere Bergbuchenzone (500 m -600 m)
3. Obere Buchenmischwaldzone (350 m -500 m)
4. Untere Buchenmischwaldzone (unter 350 m)
Die Wälder der Oberen Bergbuchenzone sind bei Jahresdurchschnitts-Temperaturen unter 6 °C und zwischen 1100 mm und 1300 mm Niederschlag meist als Melico-Fageten (Buchen-Perlgras-Gesellschaft) mit reichem Unterwuchs an montanen bis subalpinen Arten ausgebildet. In der Unteren Buchenmischwaldzone herrschen Querco-Carpineten (Eichen-Hainbuchen-Wälder) vor.
Als weitere erwähnenswerte Waldgesellschaften treten Aceri-Fageten (Bergahorn-Buchen-Wälder) auf den Blockhalden des Oberwaldes sowie Carici-Fraxineten (Auen- und Quellwälder mit Eschen-Seggen Gesellschaft) in den Quellsenken, in Bruchwäldern und als bachbegleitende Vegetation auf. Luzulo Fageten (Hainsimsen-Buchen-Wälder) sind auf stark bodensauren Standorten zu finden.
Veränderungen erfuhr die potenzielle natürliche Vegetation durch vielfache menschliche Einflüsse. Seit der Rodungs- und Siedlungstätigkeit um etwa 1000 n. Chr. hat sich die Vegetationsstruktur des ursprünglich vollständig bewaldeten Gebietes immer wieder geändert und stellt heute ein Mosaik aus Wäldern (Forsten), Wiesen, Weiden und Ackerland dar, wobei der Anteil an Ackerland mit steigender Höhe stark abnimmt. Der Grünlandanteil nimmt mit der Höhe ständig zu..
Unter den intensiv gedüngten Wiesen dominiert die Bergfettwiese (Goldhaferwiese, Trisetetum flavescentis) in den höheren Lagen, ansonsten finden sich Sumpfdotterblumen- und Weidelgras-Weißklee-Wiesen. Nicht bzw. nur als Extensivwiese genutzte Flächen beherbergen Kleinseggen-Rasen, Borstgras- oder Pfeifengrasrasen und an xerothermen Standorten auch Halbtrockenrasen.
Typisch sind auch die noch vielfach vorhandenen Lesesteinwälle mit Schlehe, Weißdorn, Hasel und Heckenrose. In Bereichen der Flurbereinigung sind sie leider meistens verschwunden.
Das einzige Hochmoor des Vogelsberges, die Breungeshainer Heide, ist durch Entwässerungsmaßnahmen (etwa 1920), Birkenanflug und Kiefernanpflanzung sehr stark gestört. Die typische Vegetation mit Torfmoosen (Sphagnum spec.), Sonnentau (Drosera rotundifolia) und Wollgräsern (Eriophorum spec.) ist nur noch in kleinen Resten vorhanden. Mit zusätzlicher Bewässerung und Pflegemaßnahmen wird versucht, dieses Areal noch zu retten.

Der Vogelsberg ist Europas größtes Vulkangebiet. Vor etwa 18 Millionen Jahren begannen vulkanische Aktivitäten, die sich mit Ruhephasen abwechselten, bis das Gebiet vor ca. 15 Millionen Jahren ganz zur Ruhe kam und die Vulkane seitdem als erloschen gelten. Wenn auch nicht so spektakulär wie der Kilimandscharo oder die Vulkane auf Hawaii, kann die Vulkanregion als Band von vulkanischen Zentren mit vielen unterschiedlichen Ausbruchsorten sowie -arten und verschiedenen Schmelzen aufwarten.
Der Kontakt von Magma mit Wasser löste damals heftige Explosionen aus, es wurden trichterförmig große Gesteinsmengen aus dem Untergrund herausgesprengt. Aus den entstandenen Rissen quoll Lava, die schließlich eine Fläche von 2500qkm bedeckten. Im Zentrum des so entstandenen Vulkangebietes ist die Lavadecke über 700m stark. Das im Durchmesser 60 Kilometer große Areal bildet heute das größte geschlossene Basaltmassiv des europäischen Festlandes. Trotz des typischen Erscheinungsbildes eines Einzelvulkans, ist die Vulkanregion Vogelsberg als Vulkanfeld zu bezeichnen, es gab keinen zentralen Hauptkrater.
Seit einigen Millionen Jahren ist es ruhig geworden im Inneren, doch haben Eiszeit, Erosion und Verwitterung das äußere Bild verändert, die Basaltschicht abgeschliffen und die, für die Region so typischen, Täler mit kleinen Wasserläufen geschaffen. Sonne und Regen haben die schroffen Kanten der durch die Vulkantätigkeit entstandenen Basaltblöcke abgeschliffen.
Härtere Basalte blieben fast unberührt und bilden heute teils bizarre Formen. Das Innere der ehemaligen Schlote zeichnet sich durch Dichte und damit Härte aus, so dass man sie heute noch als Kuppen erkennen kann, auf denen oft Orte thronen.
Dort, wo Menschen durch Basaltabbau die Schlote aufgeschlossen haben, zeigen sich auch für den Laien interessante geologische Formen – etwa die typischen Fünf- oder Sechskantsäulen des Vogelsberger Basaltes. Basalt - ein prägendes Element im Vogelsberg:

Vogelsberger Basalt prägt die Landschaft und zieht sich wie ein roter Faden durch die (Kultur)geschichte:
Basaltböden und Buchen
Die Basaltböden sind die optimalen Buchenwald bzw. Laubmischböden, die im Vogelsberg bis in Höhenlagen von 700m die schönsten Buchenhochwälder ermöglichten. – Bereits bei den Römern war die Region als „Buchonia“ bekannt.
Eisenerzgewinnung
Die erodierten Basalte ergaben Lagerstätten von angereichertem Basalteisenstein, die bis ins 20.Jahrhundert rund um den Vogelsberg abgebaut wurden. Bis heute bestehen die Friedrichshütte bei Laubach und die Kunsteisengießerei Buderus in Hirzenhain, beide sind aber mittlerweile auf Rohstoff-Importe angewiesen. Auch am "Schwarzen Fluss" bei Grebenhein lassen sich noch Reste dieser Industrie finden.
Blockhalden und -felder
Die Blockhalden ermöglichen Biotope mit charakteristischen Gehölzvegetationen und Moosgesellschaften. Auf den Blockfeldern am Taufstein kennt man beispielsweise 14 Moosarten die als „selten“ bis „vom Aussterben bedroht“ einzustufen sind.
Lesesteinriegel und Feldgehölze
Auch auf den Feldern ist der Basalt allgegenwärtig. Hier wurde er in Jahrhunderten von fleißigen Händen abgesammelt und an den Grundstücksgrenzen zu Lesesteinwällen geschichtet. Darauf hat sich eine reichhaltige Heckenflora entwickelt, die nicht nur zahlreichen Pflanzen und Tieren Schutz bietet, sondern an heißen Tagen auch dem Wanderer als Schattenspender willkommene ist.
Alte Vulkanschlote
Härtere Basalte blieben von der Erosion der Jahrmillionen fast unberührt und bilden heute teils bizarre Formen. Das Innere der ehemaligen Schlote zeichnet sich durch Dichte und damit Härte aus, so dass man sie heute noch als Kuppen erkennen kann, auf denen oft Orte thronen.
Dörfer und Städtchen wie Stornfels, Herbstein oder Ulrichstein sind auf Vulkanschloten mit erstarrtem Magma gegründet worden. Von diesen kleinen Kuppen überschauen sie die Landschaft und waren bereits in der Geschichte als strategische Aussichtspunkte heiß begehrt.
Basalt als Baustoff
Auch in den historischen Ortskernen trifft man auf Basalt. Er bildete den traditionellen Straßenbelag und wurde für Mauern und die Sockel der Häuser gerne verwendet. Die meisten Schlösser der Region und viele Gutshöfe sind aus Basalt erbaut.
Basaltsteinbrüche
Viele Dörfer hatten früher ihren eigenen kleinen Steinbruch. Basalt wird immer noch abgebaut, heute jedoch überwiegend als Schotter oder Split im Straßen und Bahnlinienbau verwendet. Dort, wo der Abbau die Erde aufgeschlossen hat, zeigen sich auch für den Laien interessante geologische Formen – etwa die typischen Fünf- oder Sechskantsäulen des Vogelsberger Basaltes.
Basalt als Wasserspeicher
Der Basalt dient als Filter und als Wasserspeicher. Die hohen Niederschläge und der zu allen Jahreszeiten häufige Nebel begründen den Wasserreichtum des Hohen Vogelsberges. Regenwasser versickert im klüftigen Basalt des Berges und tritt oberhalb der undurchlässigen Schichten als Quelle zu Tage. Die Quellen und ihre Gerinne vereinen sich schon im Oberwald zu Bächen, die sternförmig in alle Richtungen fließen. Das klare Vogelsberger Wasser ist das Trinkwasserreservoir der Region und des gesamten Rhein-Main Gebietes.

Der älteste Naturpark in Deutschland
Der Naturpark Hoher Vogelsberg war der erste seiner Art, der 1956 noch als "Landschaftsschutzgebiet" ins Leben gerufen wurde. Damals war der Vogelsberg noch ein recht unbekanntes Gebiet, doch nicht zuletzt durch die Aktivitäten des Naturparks konnte hier eine Infrastruktur geschaffen werden, die auch den Tourismus förderte und so zu seiner Bekanntheit beitrug.
Eine ausführliche Beschreibung zu den inhaltlichen Entwicklungen des Naturparks können Sie hier downloaden: PDF 50 Jahre Naturpark
Chronologie in Stichworten:
1951 vorläufige Sicherstellung des Hohen Vogelsberges auf 215qkm zwecks Bildung eines Landschaftsschutzgebietes
1956 Verordnung zum Schutze von Landschaftsteilen in den Kreisen Alsfeld, Büdingen, Gießen und Lauterbach, Ausweisung als „Landschaftsschutzgebiet Hoher Vogelsberg“
1957 Gründung des „Naturschutzparkes Hoher Vogelsberg“
1958 Bildung des Zweckverbandes „Naturschutzpark Hoher Vogelsberg“
1963 und 1969 Erweiterung des Naturparkes auf 38.447 ha
1967 Umbenennung von Naturschutzpark – in: „Naturpark Hoher Vogelsberg“
1975 Landschaftsschutzgebiet Vogelsberg / Hess. Spessart
2004 Erweiterung der Fläche auf 88.338 ha
2006 50-Jahr- Feier des Naturparks; Jahr der Naturparke
2006 Erklärung zum Schutzgebiet "Naturpark" gem. § 25 HENatG
2017 Umbenennung von Naturpark Hoher Vogelsberg in Naturpark Vulkanregion Vogelsberg